Das Lipikum Museum
Viele Fossilreste zeugen davon, dass die Entwicklung der Pferde in mehreren Richtungen und ohne ein vorher bestimmtes Ziel verlief. Unter vielen Versuchen der Natur überlebten nur diejenigen, die sich am meisten auf die Bedingungen angepasst haben. Die ersten Vorfahren des Pferdes haben sich wahrscheinlich in Nordamerika vor etwa 55
Millionen Jahren entwickelt. Sie waren dem Leben im tropischen Regenwald angepasst. Sie haben sich in zahlreiche Stämme und Spezies weiterentwickelt, die in verschiedenen Umgebungen lebten. Im Lauf der Zeit waren sie alle ausgestorben, nur der Stamm der Pferde (Equs) hat sich erhalten, der sich dem Leben in Steppen und Prärien angepasst hat.
Die Skelettrepliken stellen die Pferdevorfahren der Stämme Mesohippus (vor etwa 40 bis 30 Millionen Jahren) und Merychippus (vor etwa 17 bis 11 Millionen Jahren) dar. Im Karst wurden Fossilreste der Wildpferde aus der Eiszeit gefunden. Die Experten nennen diese Form »schweres Karstpferd«. Die Mahlzähne haben große Flächen mit starken Wellen, was auch für heutige Pferde charakteristisch ist.
In der Evolution hat sich das Pferd zu einem schnellen Läufer ausgeformt, der an das Leben auf dem flachen Gelände angepasst ist. Als ein Pflanzenfresser und eine potentielle Beute hat es sich zu einem Herdentier, das immer auf der Lauer ist und auf die Flucht vorbereitet ist, entwickelt. Es hat sehr gut entwickelte Sinnesorgane, und zwar ein extrem gutes Gesichts- und Geruchssinn und sein ganzes Körper ist so empfindlich wie unsere Fingerbeeren. Das Leben in der Gemeinschaft hat auch die Entwicklung der Intelligenz und die Fähigkeit der sozialen Beziehungen ausgelöst. Der Mensch hat mit der Domestizierung alle diese Eigenschaften gut ausgenutzt.
Die echten Wildpferde sind diejenigen, deren Vorfahren nie vom Menschen domestiziert wurden. Das Mongolische Wildpferd oder das Przewalski-Pferd ist das einzige, heute lebende Wildpferd. In der Gefangenschaft gezüchtete Tiere wurden erneut in die Natur angesiedelt.
Vor etwa 12.000 Jahren ist das Wildpferd in Nordamerika ausgestorben, anderswo in der Welt wurde er aber sehr selten. Falls der Mensch das Pferd nicht gezähmt hätte, wäre es wahrscheinlich von unserem Planeten verschwunden.
Pferde, die als weiß bezeichnet werden, sind in der Wirklichkeit meistens grau. Die Lipizzanerpferde kommen mit einer dunklen Farbe auf die Welt. Zwischen dem vierten und dem siebten Lebensjahr werden sie wegen eines mutierten Gens grau.
Das Pferd hat durch Jahrtausende auf verschiedene Weise zur Entwicklung der menschlichen Gesellschaft beigetragen. Seit der Domestizierung vor etwa 5.000 Jahren diente es dem Menschen für die Bedürfnisse des Transports, der Landwirtschaft, der Saumfahrt, der Jagd, der Kriegführung, der Aufklärung und der Kommunikation. Es hat den Menschen mit Fleisch, Milch und Haut versorgt. Es wurde bei verschiedenen Ritualen, Sport und in der Freizeit eingesetzt. Heute wird es in der entwickelten Welt immer mehr als ein Partner beim Sport und in der Freizeit verwendet. Bei jeglicher gemeinsamen Aktivität des Menschen und des Pferdes entsteht zwischen ihnen eine besondere Beziehung. Mit Kenntnis und mit der richtigen Handelsweise kann man ein sehr wildes oder scheues Pferd zähmen und das gegenseitige Vertrauen und Respekt entwickeln.
Bis zur Industrialisierung war das Pferd einer der wirtschaftlichen Fundamente der Gesellschaft. Die Pferde wurden für das Pflügen, die Einbringung der Ernte aus den Feldern, in den Mühlen, für das Vorbereiten des Feuerholzes und für eine Reihe von anderen Tätigkeiten eingesetzt.
Der Mensch hat schon sehr früh die Pferde für Militärzwecke verwendet. Bei der Kriegführung wurden Pferde mit verschiedenen Eigenschaften verwendet, abhängig davon, ob sie für das Reiten, das Fuhrwerk, die Aufklärung oder die Versorgung bestimmt wurden. Erst ab dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde die Kavallerie im Ganzen durch Tanks
und andere motorgetriebene Rüstungsgüter ersetzt.
Schon seit dem Beginn war das Pferd ein Lasttier. Bis zur Industrialisierung und der Anfänge der Eisenbahn konnte man sich den Menschenund Gütertransport ohne das pferdefuhrwerk durch Jahrtausende nicht vorstellen. Sie wurden für das Ziehen der Straßenbahn, als Taxis, für das Ziehen der Feuerwehr- und Krankenwagen, für Beerdigungen und
vieles mehr eingesetzt.
In der modernen Welt setzt sich das therapeutische Reiten immer mehr durch. Neben der sportlichen Betätigung und der Krankheitsbekämpfung oder -linderung verhilft es auch zur Entwicklung des Potentials bei Personen mit besonderen Bedürfnissen, zu deren Selbstverwirklichung und zur sozialen und humanen Beziehungen.
Das Pferd wurde schon seit der Vorgeschichte eine Inspiration für das Kunstschaffen. Zahlreiche künstliche Darstellungen des Pferdes zeugen von seiner wichtigen Rolle im Menschenleben und von der Rolle und der Verwendung der Pferde in verschiedenen Enden der Welt durch die Zeit.
Das Gestüt Lipica ist die älteste Institution für die planmäßige Pferdezucht mit ununterbrochener Tätigkeit auf der Welt. Nach der Gründung des Gestütes wurde der Karstpferd mit der Kreuzung mit spanischen, italienischen und arabischen Pferden veredelt. Die Rasse der Lipizzaner, so als wir sie heute kennen, wurde erst später geformt. Trotz der Höhen und Tiefen hat sich die Lipizzanerzucht in Lipica bis heute erhalten. Das Gestüt Lipica wurde im Jahre 1580 gegründet, als der Erzherzog Karel II. von Habsburg den Besitztum von Lipica dem Bischof von Triest abgekauft hat. Es wurde mit dem Vorsatz gegründet, eine ausreichende Zahl der geeigneten Pferde für Zivilzwecke, aber vor allem für Militärzwecke zu verschaffen. Seit dem 18. Jahrhundert haben sich in Lipica auf der Basis von sechs ausgewählten Hengsten sechs klassische Linien mit charakteristischen Körpereigenschaften ausgeformt: Conversano, Neapolitano, Favory, Maestoso, Pluto und Siglavy.
Heute ist das Gesamtgebiet des Gestütes Lipica mit kultivierter Karstlandschaft, der Herde der Lipizzanerpferde und mit dem Architektur- und Kunsterbe gesetzlich geschützt als ein Kulturdenkmal von nationaler Bedeutung für die Republik Slowenien. Der Zuchtkern der Herde der Lipizzanerpferde mit geschütztem Zucht- und Gestütesstempel besteht aus: sechs originalen Hengstlinien, sechzehn klassischen Stutenstämmen und dem Nachwuchs bis zum 4. Lebensjahr, der für die weitere Zucht geeignet ist.
Schon seit Jahrhunderten befolgt die Zucht der Lipizzaner genau bestimmte Regeln. Die Fohlen, die Sprösslinge der Zuchtstuten und -hengste, werden nach einer sorgfältigen Untersuchung markiert und in das Zuchtbuch eingetragen. Zu diesem Zeitpunkt bekommen sie auch ihre Namen. Die Brandmarkierung der Pferde wird durch Markierung mit Mikrochips ersetzt. Genforschungen haben gezeigt, dass die Lipizzaner die Gene alter Karstpferde, die es heute nicht mehr gibt, bewahren. Die Forschungen haben auch nachgewiesen, dass es in der Vergangenheit bei sogar 15 % der Lipizzaner zur Fehler im Zuchtbuch kam. Auch die Benennung verläuft gemäß den vorherbestimmten Regeln. Die Namen der Hengste sind aus zwei Namen zusammengesetzt, die Namen der Stuten aus einem. Das Hengstfohlen bekommt seinen ersten Namen nach dem Vater und den zweiten nach der Mutter. Die Stutfohlen erhalten den Namen der Mutter, und die laufende römische Ziffer am Ende des Namens besagt, um welches Stutfohlen mit diesem Namen im
Gestüt Lipica es sich handelt.
Das originale Zuchtbuch, das im Gestüt Lipica kurz nach der Gründung geführt wurde, ist nach dem Einbruch der napoleonischen Armee verloren gegangen. Später wurde es erneuert. Ein Exemplar wurde im Wien aufbewahrt und die Arbeitskopie im Gestüt Lipica. Als während der Kriege die Pferde von Lipica mehrmals in andere europäische
Gestüte versetzt wurden, wurde auch das Zuchtbuch zusammen mit ihnen versetzt. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde der größte Teil der Herde zusammen mit dem Zuchtbuch von Lipica Italien zugeordnet. Heute wird ein Exemplar im Piber (Österreich) und der andere im Gestüt Montemaggiore in der Nähe von Rom (Italien) aufbewahrt.
Heute ist das Gestüt Lipica ein international anerkanntes Gestüt, das das ursprüngliche Lipizzaner-Zuchtbuch in elektronischer Form führt.
Im Gestüt Lipica verläuft die Fortpflanzung der Pferde größtenteils auf natürlichem Wege mit der Begattung. Während der Paarungsperiode im Frühling ändern die Stuten ihr Verhalten und geben einen spezifischen Geruch ab, der die Hengste stark erregt. Aber falls die Stute nicht ganz für die Paarung vorbereitet ist, kann sie den zu sehr entflammten Hengst verletzen. Aus diesem Grund wird im Gestüt Lipica der ganze Prozess sorgfältig überwacht.
Der Pfleger kann schon nach dem Verhalten der Stute erkennen, ob die Paarung erfolgreichlich war. Veterinäruntersuchungen können die Trächtigkeit endgültig bestätigen. Als sich das Fohlen nähert, wird das Euter angeschwollen, an den Zitzen erscheinen Erstmilchtropfen, die sich in eine harzartige Substanz erhärten, die Beckenbänder lassen nach und die Milchader auf dem Bauch tritt aus.
Die Geburt tritt meistens abends oder nachts an. Nach zwei bis drei Stunden von Wehen legt sich die Stute nieder und die Geburt beginnt. Zuerst erblicken die Welt die Beine, dann der Leib, die Hüften und schon liegt das Fohlen zusammen mit seiner Mutter. Die Stute stößt ihren neuen Sprössling mit dem Maul, berührt und liebkost es. So knüpfen sie
Von der Geburt bis zum Tod. Die Nabelschnur reißt ab, als die Stute auf die Beine springt. Das Fohlen folgt ihr und schon nach einer Stunde saugt er im Stehen bei seiner Mutter.
Die Stute und das Fohlen werden zwischen dem sechsten und dem neunten Monat endgültig getrennt. Die Hengste werden zusammen mit ihren Altersgenossen untergebracht, junge Stuten schließen sich der Herde an. Nach dreieinhalb Jahren ist die lässige Kindheit vorbei und die langjährige Schulung beginnt.
Der Lipizzaner ist ein mittelgroßes, warmblütiges Pferd des Barocktyps. Es hat einen mittelgroßen, reinrassigen Kopf mit großen dunklen und lebhaften Augen, mittelgroßen Ohren und breiten, vollen Nasenflügeln. Der Hals ist hoch aufgesetzt und geschweift. Der Widerrist ist schön ausgedrückt, der Rücken ist lang und gerade, und das Kreuz ist muskulös
und schön sanft ansteigend. Die Brust ist breit und tief und drückt seine Kraft aus. Die Mähne und der Schwanz haben ein dichtes und buschiges Pferdehaar, das so dünn wie Seide ist. Der Schritt des Lipizzaners ist hoch, flexibel, energisch und elegant.
Die Lebensdauer des Pferdes hängt von seinen Erbgut und seinen Lebensverhältnissen ab. Als wegen seines Alters das Pferd nicht mehr fürs Reiten geeignet ist, beginnt die Zeit der verdienten Ruhe. Die meisten Pferde in Lipica sterben auf einem natürlichen Wege. Eingeschläfert werden nur unheilbar kranke Pferde oder Pferde, die schon so altersschwach sind, dass die Versuche der Lebenserhaltung nur noch Leiden für sie bedeuten wurden.
Die Schönheit und der Scharm des Lipizzaners kommen gerade in Bewegung zur Geltung, weswegen der Lipizzaner viel mehr als ein Paradepferd geeignet ist als andere Pferderassen. Im Leben der Lipizzaner hat die Schulung eine wichtige Rolle, denn dort lernen die Hengste alle Künste und Figuren der klassischen Dressurschule. Die Schulung spielt eine wichtige Rolle im Leben der Lipizzaner. Bei den Hengsten beginnt die Schulung mit dreieinhalb Jahren und dauert vier bis fünf Jahre. Sie erlernen genaue Bewegungen, verschiedene Arten der Gänge, Drehungen und Sprünge. Die Hengste, die mit ihrem Erscheinungsbild und Charakter den strengen Selektionsanforderungen entsprechen und sich bei der Arbeit beweisen, fahren mit der Schulung in der klassischen Reitschule fort.
Die Reitschule von Lipica begann sich erst im Jahr 1952 zu entwickeln, als im Gestüt Lipica die Abteilung für die Hochreitschule gegründet wurde. Schon seit dem Beginn arbeitet sie nach dem Vorbild der Spanischen Reitschule in Wien. Die Dressur versucht mit Berücksichtigung der natürlichen Bewegungen des Pferdes und mit Gymnastiktraining die Harmonie zwischen dem Pferd und dem Reiter zu erzielen. Die Übungen gehen von der natürlichen Bewegung des Pferdes aus und haben sich aus ehemaligen Kampfkünsten entwickelt. Das Dressurreiten ist eine Wettkampfdisziplin mit Betonung auf der vollständigen, abgestimmten Entwicklung der psychophysischen Merkmale des Pferdes. Das Pferd muss ruhig, nonchalant, gelenkig, locker, zutraulich und aufmerksam sein, und muss ohne Bedenken und genau auf die Befehle des Reiters reagieren.
Der Lipizzaner ist ursprünglich an Lipica und an Karst gebunden, aber es wird heute auch in anderen Gestüten gezüchtet. Wegen der politischen Veränderungen und der mehrmaligen Kriegsevakuierung der Pferde aus Lipica hat sich die Rasse in verschiedene europäische Gestüte und auch auf andere Kontinente ausgebreitet. Angeblich gibt es heute auf der Welt etwa 5.000 Lipizzaner. Die Gestüte und Züchterverbände aus der ganzen Welt sind im Internationalen Lipizzanerverband verbunden.
Lipica liegt in der Karstlandschaft. Obwohl das Gebiet des Gestütes Lipica stark verändert und für die Bedürfnisse der Pferdezucht umgestalten ist, sind die zahlreichen Karstformen noch immer sichtbar. Die charakteristische Kulturlandschaft, die in mitten des Karstes von Menschen erschaffen wurde, bietet unterschiedliche Lebensumgebungen für viele seltene und gefährdete Pflanzen- und Tierarten. So leistet sie einen Beitrag zu größerer biologischen Vielfalt der breiteren Umgebung.
Das Gestüt Lipica ist ein außerordentliches kulturell-historisches Denkmal in einem europäischen und weltweiten Maß. Es ist einer der ältesten Gestüte der Welt und das Herkunftsgestüt einer der ältesten Pferderassen. Es zeugt von einer Tradition der planmäßigen Pferdezucht, Aus ihrer Heimat, dem Karst, in die weite Welt die mehr als vier Jahrhunderte ununterbrochen verlief. Diesem Zweck wurde durch Jahrhunderte auch die Geländeplanung ganz unterworfen. Das Resultat ist eine einzigartige Kulturlandschaft, die in Lipica noch heute bewundert werden kann. Das charakteristische nierenförmige Besitztum mit dem Gebäudekern in der Mitte, mit sternartigen Wegen, mit Alleen und Weiden hat sich durch Jahrhunderte bis zum heute erhalten. Der heutige Gebäudekern des Gestütes hat sich seit dem Ende des 16. Jahrhunderts um den ehemaligen Bischofspalast geformt. Am Beginn des 18. Jahrhunderts hat sich um den Palast ein Innenhof geformt. Die wichtigste Stelle nimmt der Stall Velbanca ein, denn dort sind die
Zuchthengste untergebracht. Die Kapelle aus dem 17. Jahrhundert beim Eingang in das Hof ist dem Hl. Antonius von Padua, dem Pferdeschutzpatron, gewidmet. Im 19. Jahrhundert wurden Ställe am Borjač gebaut, der Stall am Triester Allee und das Jubiläumsstall. Der Bau der Kapelle der Mutter Gottes von Lourdes im Tal wurde von dem Gestütesverwalter Karel Grünne im Jahre 1889 als Dank für seine Heilung beauftragt. Die 70. Jahre des 20. Jahrhunderts bedeuteten eine Wende für Lipica. Der Massentourismus beschleunigte den Bau von touristischen und sportlichen Gebäuden. Heute ist das Gestüt Lipica bemüht, erneut die Erinnerung auf das stürmische Geschehen und die reiche Geschichte, die diesen Teil von Slowenien gestallten haben, zu beseelen und im Gedächtnis zu behalten. Das geschichtliche Erbe soll eine Lehre und eine Inspiration für die nachkommende Generation darstellen.